1. März 2004
Die erste Nacht in Afrika ist überstanden. Im Gegensatz zum letzten mal ist es in Tunis maximal 17 Grad warm. Die Einreisefromalitäten und das Wechseln von Geld sind schon beinahe Routieneabläufe. Obwohl wir es auf dem Schiff nicht geschafft hatten die Formalitäten für das Auto zu machen. Wir waren zu blöd den Fahrzeugausweis mitzunehmen.
Wir hatten uns vorgenommen nach Gabes zu fahren und wenn möglich noch in Tatauine bei Walid vorbei zu schauen. Dank Mobiltelefon treffen wir Walid ohne Probleme. Die Freude war riesengross. Walid lädt uns ein, die Nacht bei ihm zu verbringen. Nach einigem Zögern nehmen wir die sehr grosszügige Einladung an.Walid lebt mit seiner Mutter und drei Brüdern in sehr einfachen aber trotzdem gemütlichen Verhältnissen. Die Familie scheint bei diesen Arabern eine sehr grosse Rolle zu spielen.
2. März 2004
Die Verabschiedung von Tataoine und Walid war herzlich. Mit etwas mulmigem Gefühl geht es Richtung lybischer Grenze. Wir wissen nicht, wie gross die Umstände sein werden, um die Grenze zu passieren. Alle anderen Reisenden, die wir auf der Überfahrt von Genua nach Tunis bisher angesprochen hatten, organisierten sich einen Führer und werden an der Grenze abgeholt. Wir nicht! Wir setzen alles auf eine Karte und hoffen ohne Führer nach Lybien einreisen zu können.
Vor der Grenze der bereits bekannte schwarze Geldwechsel. Für uns Mitteleuropäer erscheint es unglaublich, die Geldhändler wedeln mit Ihren Banknoten am Strassenrand. Mit feilschen und Diskutieren in französisch, arabisch, englisch und mit den Händen erwirtschaften wir einen guten Wechselkurs. 100 USD gegen 124 lybische Dinar.
An der Grenze treffen wir wieder auf unsere alten Bekannten vom Schiff. Die lassen schon ziemlich stark den Kopf hängen. Sind sie doch schon seit drei Stunden an der Grenze ohne wirklich einen Fortschritt zu sehen.
Wir setzen wieder auf unsere «thumb face» Strategie. Auf Fragen nach der Agentur, mit der wir Reisen, antworten wir mit Schulterzucken. Nach drei Stunde verhandeln und etwas Bakschisch haben wir es doch geschafft den Grenzposten ohne Führer Richtung Lybien zu verlassen. Das Ziel heisst jetzt Tripolis.Die Freude über die geglückte Einreise kann auch durch das schlechter werdende Wetter nicht getrübt werden. Schlacht bei Tripolis ist wohl eine angemessene Bezeichnung für das Verkehrschaos dieser Stadt. Gewonnen kann diese Schlacht wohl nicht werden, wohl aber schadlos überstehen kann man sie, wenn genügend Zeit und Nerven zur Verfügung stehen.
Nach Tripolis ist es höchste Zeit ein Nachtlager zu finden. Im Eifer des Suchens versanden wir bereits das erste mal auf dieser Reise. Manuels Schaufelkünste und Meine Vor-Rückwärtsfahrkünste befreien uns aus dieser misslichen Situation.
Erschöpft von den Strapazen des Tages schlagen wir das Nachtlager in einem ausgetrockneten Wadi auf.
3. März 2004
Unser Nachtlager war zunahe bei der Zivilisation, denn jeder vorbeifahrende Libyer hatte angehalten und uns freundlich (auf arabisch) darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns in einem Wadi befinden, und dass das Wasser bei Regen steigen könne. Der erste hatte bereits morgens um sieben ans Zelt geklopft.
Bei strömendem Regen nehmen wir unser obligates Frühstück zu uns. Anschliessend packten zusammen und brechen auf Richtung Osten. Die heftigen Regenfälle lassen auch auf den gut ausgebauten libyschen Strassen riesige Pfützen entstehen was, zu mehreren Unfällen führte. Trotzdem kommen wir recht zügig voran und schon bald sind die Regengüsse vorbei. Heftiger Gegenwind begrenzte einerseits unsere maximale Geschwindigkeit auf ca. 80 km/h, andrerseits wirbeln immer heftigere Sandschwaden durch die Luft. Die Sicht wird dadurch ziemlich schlecht. Gegen 16:30h zum zweiten Mal an diesem Tag (200 und 160 Liter). Danach suchen wir uns in den Dünen zwischen der Strasse und dem Meer einen stillen Platz für die Nacht. Das Nachtessen und das Gutnachbier geniessen wir ohne Wind. Der auffrischende Wind beschert uns eine unruhige Nacht.
4. März 2004
Nach einem windigen Zmorge ist das Tagesziel, möglichst nahe an der ägyptischen Grenze das Nachtlager aufzuschlagen. Auf unspektakulärer Strasse, welche während 300 km schnurgerade durch die Wüste führt, finden wir schon um 15:00 Uhr einen sensationell idyllischen und vor allem windgeschützten Platz, wo wir uns ein kühles Bier, eine Rasur und Dusche gönnen.
5. März 2004
Gegen 9:00 starten wir nahe der Mittelmeerküste entlang fahrend zur 50 km entfernten Grenze nach Ägypten. Teilweise müssen wir das Tempo stark drosseln, da die Sicht durch einen Sandsturm zeitweise weniger als 20m ist. Ein letztes mal tanken wir den billigen libyschen Sprit mit den übriggebliebenen Dinars. Für die Ausreise aus Libyen benötigen wir etwa eine halbe Stunde. Nach dem Stempeln der Pässe und des Carnet muss Päde die Rückgabe der Nummernschilder mit seiner Unterschrift und je einem Fingerabdruck auf allen Quittungen bestätigen. Damit ist der einfache Teil der Übung abgeschlossen.
Der ägyptische Zoll gestaltet sich wesentlich schwieriger. Als erstes wir die Abfertigung grundsätzlich unterbrochen, weil das einstündige Freitagsgebet ansteht. Nach Gebet und Handgemenge werde ich am Schalter abgewiesen, weil Briefmarken für Visa fehlen. 30USD ärmer und die gesamte Schlange umgehend (wieder thumb face Taktik) wird mir doch der Einreisestempel in die Pässe gehämmert. Jetzt muss der Wagen verzollt, versichert und für Ägypten zugelassen werden. Zoll und Verkehrspolizei sind dummerweise etwa 300m voneinander entfernt. Entsprechend ist es nicht möglich die beiden Parteien an einen Schalter zu kriegen und damit die Formalitäten an einem Tisch zu erledigen. Also vertreibt sich Päde die folgenden 4 Stunden mit hin- und herlaufen zwischen den beiden Ämtern. Gegen vier Uhr nachmittags können wir dann doch die Zollstation auch ägyptischer Seite verlassen.An der Küste finden wir gegen 17:00 einen schönen und windgeschützten Platz. Unsere Freude wird schon bald durch zwei Soldaten getrübt, die uns zu verstehen gaben, dass hier übernachten nicht möglich ist. Trotz Dunkelheit entschliessen wir uns ins 75 km entfernte Marsa Mathrou zu fahren. Dort finden ein Hotel welches für Fr. 2.- pro Person ein komfortables Brett zum schlafen bereitstellt.
6. März 2004
Heute wollen wir nach Kairo. Aus unserem «Durch Afrika»-Buch wissen wir, dass es in Kairo einen Campingplatz geben muss. Auf Dusche mit warmem Wasser freuend fahren wir los.
Der Verkehr in Kairo hat keine erkennbaren Regeln. Nach der Schlacht von Tripolis kämpfen wir in Kairo gegen eine ungleich chaotischere Blechlawine. Mit Hilfe von GPS-Koordinaten versuchen wir den Campingplatz zu finden. Zunächst funktioniert alles reibungslos, wir nähern uns bis auf 400m dem Campingplatz. Die letzten 400m haben es aber in sich. Wir kreisen eine Stunde radial um den Platz, ohne wirklich diesen Platz zu finden. Wir ahnen böses, die Koordinaten sind wohl falsch. Entnervt stoppen wir, um uns eine Alternative zu überlegen. Die Warmwasserdusche haben wir im Geiste bereits gestrichen.
Unser Stop ist zufälligerweise just vor der Informationstafel des Campingplatzes. Der Besitzer empfängt uns mit offenen Armen und zeigt uns den Weg zum Platz. Nach warmer Dusche und einem kühlen Bier werden wir vom Platzbesitzer zum Nachtessen ausgeführt. Abbes, der Campingplatzbesiter, ist Owner und Manager eines Teppichladens. Bei Shisha und Tee (Egyptian Whiskey) im Teppichladen von Abbes lassen wir den Abend ausklingen.
7. März 2004
Abbes hat seinen Bruder Nasser organisiert, der uns Kairo, das ägyptische Museum und Pyramiden zeigt. Mit einem klapprigen Peugeot fahren wir nach Kairo Downtown. Bei Nassers Fahrkünsten erscheint einem der Verkehr der 16-Millionenstadt wie ein Tanz zu einem sehr schnellen beat. Das Treffen auf europäische Touristen ist ein Kulturschock für uns. Unglaublich wie dämlich sich Reisegruppen anstellen können. Trotzdem sind wir hin und weg von atemberaubenden Sehenswürdigkeiten Ägyptens. Die Pyramiden mit der Stadt Kairo im Hintergrund sind der Höhepunkt des Tages.